Surma – Rinder, Lippenteller und Donga-Kämpfe

Surma – Rinder, Lippenteller und Donga-Kämpfe

Südwestlich des Omo, im gleichnamigen Nationalpark, lebt inmitten der hügeligen Buschsavanne das 20.000 Angehörige umfassende Volk der Surma. Ähnlich den Mursi tragen die verheirateten Frauen auch Lippenteller. Ihre ursprüngliche Lebensweise wird bedroht durch den Zivilisationsdruck der äthiopischen Regierung und die Einflüsse der westlichen Welt. Das Nomadenleben haben sie bereits aufgegeben und stattdessen leben sie in einer losen Demokratie in Dorfgemeinschaften als Viehzüchter und Ackerbauern.

Die Bedeutung von Rindern bei den Surma

Gleichsam den Massai in Kenia und Tansania sind Rinder ein Statussymbol. Ein reicher Surma kann bis zu 100 Rindern besitzen. Größtenteils erlangt er diesen Reichtum durch das Verheiraten seiner Töchter bzw. Schwestern, denn der Brautpreis wird in Form von Rindern ausgezahlt.

Rinderdiebstähle zwischen den einzelnen Dörfern oder angrenzenden Völkern, insbesondere den Bume, stehen auf der Tagesordnung. Gestohlene Rinder bringen dem erfolgreichen Dieb viel Ruhm und Ehre innerhalb des eigenen Dorfes ein. Die Gefahr, während der Tat erschossen zu werden nehmen sie in Kauf. In jüngster Zeit verteidigen die Surma sich und ihre Herden mit Kalashnikows, dem zweiten Statussymbol der Männer. Bei Überfällen und Auseinandersetzungen wird nicht lange gefackelt und von den Waffen Gebrauch gemacht. Aber auch zu freudigen Anlässen, wie zu Geburten, Begrüßung und Verabschiedung wichtiger Personen werden Schusssalven abgegeben.

Ernährung der Surma

Die Surma ernähren sich voranging vom Mais, Hirsebrei, Milch und Ziegenfleisch. Rinder werden nur selten geschlachtet. Diese dienen vielmehr als regelmäßige Lieferanten für Blut, das jedoch in der Regel nur von Männern getrunken werden darf. Alle vierzehn bis dreißig Tage werden die Rinder zur Ader gelassen und spenden mehrer Liter frisches Blut aus ihrer Halsschlagader zum sofortigen Verzehr. Die Wunde wird anschließend mit einer Kompresse aus feuchtem Schlamm wieder verschlossen.

Das Schönheitsideal der Lippenteller

Traditionelle Surma-Frauen beginnen im heiratsfähigen Alter, d. h. mit etwas 20 Jahren, sich mit Lippentellern zu schmücken. Schrittweise werden die kleinen Teller gegen immer größerer Teller ausgetauscht, bis die Lippe angemessen ausgedehnt ist. Ob der Ursprung dieser Tradition tatsächlich in der Zeit der Sklaverei zu suchen ist, bleibt umstritten. Um zu verhindern, dass sie ihrer Frauen beraubt wurden, begann man damals damit den Frauen zur Abschreckung Lippenteller einzusetzen. Heute richtet sich der Brautpreis nach der Größe des Tellers, wobei die finale Entscheidung für den Bräutigam bei der Frau liegt. Mehrehe ist üblich, ein Surma-Mann heiratet in der Regel zweimal.

Körperbemalungen mit weißer Tonfarbe zu rituellen Zwecken und gesellschaftlichen Anlassen sind weit verbreitet. Die Männer bevorzugen Schlangenlinien, die Frauen kleine Punkte und Kreise. Auch Ziernarben an Armen und Oberkörper sind üblich. Während sich die Surma ursprünglich nur mit einer Lendenschnur „bekleideten“, tragen sie heutzutage vielerorts bunte Umhänge und einzelne Exemplare westlicher Garderobe.

Donga-Kämpfe als Mannesritual und zur Beilegung von Streitfällen

Berüchtigt Sind die Surma auch für ihre Donga-Kämpfe. In den Monaten nach der Ernte, wo genug Nahrung vorhanden ist und wenig Arbeit wartet, dienen Donga-Kämpfe als sportlicher Zeitvertreib und als Mannesritual. Es ist ein Großereignis zweier Dörfer, während dem junge Männer ihre Kräfte messen. Gleichzeitig wird das Treffen genutzt, um Neuigkeiten auszutauschen, zu flirten und Kontakte herzustellen.

Junge Mädchen suchen sich oft aus den Kämpfern einen zukünftigen Mann. Der Kampf an sich findet in einem großen Kreis statt, in dessen Inneren manchmal bis zu zehn Männer gegeneinander kämpfen, angefeuert von den Zurufen der Umringenden. Die Kämpfer versuchen sich durch Schläge und Hebel mit  3 Meter langen Holzstöcken in die Knie zu zwingen. Ein Schiedsrichter wacht über den Kampf und achtet darauf, dass ein Gegner, der am Boden liegt, nicht mehr geschlagen wird bzw. nicht tödlich ausgeht.

Ähnlich einem sportlichen Turnier wird solange gekämpft, bis am Ende nur noch die zwei besten den Sieg unter sich ausmachen. Donga-Kämpfe werden aber auch zur Beilegung von Streitfällen und Konflikten praktiziert. Nicht selten verläuft er dann für einen der Gegner tödlich.